Rückblick auf die Jahrestagung 2020

Die Jahrestagung der Erich-Gutenberg-Arbeitsgemeinschaft fand am 28. November 2020 unter dem Generalthema

„Global Supply Chain Management und Global Sourcing“

ganz entgegen der langjährigen Tradition zum ersten Mal als reine Online-Veranstaltung statt. Eine räumliche Zusammenkunft im Excelsior Hotel Ernst war pandemiebedingt in diesem Jahr nicht möglich, und das gewohnte zweitägige Format wurde auf einen Tag verdichtet. Insgesamt dreißig Teilnehmer folgten der Einladung und begaben sich in den virtuellen Tagungsraum.

Das Tagungsprogramm – und nach einem Login als Mitglied auch Präsentationen der Referenten, soweit verfügbar – finden Sie hier zum Download:

Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden, Lars Petersen, begann die Tagung mit der Verleihung der diesjährigen Erich-Gutenberg-Preise.

Skulptur „Das Ziel erreichen“

Für seine Master-Arbeit zum Thema „Implications of the Creditors’ Influence on Corporate Decisions“ wurde Herr Carsten Sören Ruhnke ausgezeichnet. Herr Professor Dr. Jens Robert Schöndube hielt die Laudatio auf den Absolventen der Leibniz Universität Hannover, dessen mit Bestnote bewertete Arbeit er als Erstgutachter betreut hatte. Nach der virtuellen Überreichung des Preises – zu dem auch die hier abgebildete Skulptur „Das Ziel erreichen“ gehört – stellte Herr Ruhnke zentrale Ergebnisse seiner spieltheoretischen Analyse der Auswirkungen der Einflussnahme von Kreditgebern auf Unternehmensentscheidungen vor und zeigte auf, welche für Unternehmensführung und Kreditwesen gleichermaßen praktisch relevanten Implikationen sich daraus ergeben.

Skulptur „Neue Dimensionen eröffnen“

Der Nachwuchswissenschaftlerpreis ging in diesem Jahr erneut – und wieder aufgrund einstimmiger Entscheidung der wissenschaftlichen Kommission – an die Universität Zürich. Dort hatte Dr. Patrick Lehnert seine Promotion summa cum laude mit einer Dissertation zum Thema „Higher Education Institutions and Their Impact on Employment and Innovation: Regional Identification and Empirical Analyses“ abgeschlossen. Die Laudatio durch seine Erstgutachterin, Frau Professorin Dr. Uschi Backes-Gellner, machte deutlich, dass Herr Dr. Lehnert sich nicht nur durch seine Doktorarbeit, sondern auch durch seine Persönlichkeit und seinen herausragenden Einsatz in Hochschule und Wissenschaft insgesamt auszeichnet. Von seinen akademischen Qualitäten konnten die Teilnehmer sich nach der virtuellen Preisvergabe auch aus erster Hand überzeugen: Im anschließenden Vortrag stellte der Preisträger die drei Projekte seiner kumulativen Dissertation dar, in denen er mit methodischer Sorgfalt und Finesse den Beitrag von Fachhochschulen auf die Forschungs- und Entwicklungs- sowie die Wirtschaftsleistung der Unternehmen in ihrer Region analysierte. Die entwickelte Methodik verspricht einen nutzbringenden Einsatz auch für weitere Forschungsfragen und löst damit auf eindrucksvolle Weise den Anspruch ein, der in dem Titel der mit dem Preis überreichten Skulptur „Neue Dimensionen eröffnen“ mitschwingt.

Auf die Preisverleihung folgte der inhaltliche, dem Generalthema „Global Supply Chain Management und Global Sourcing“ gewidmete Teil der Tagung. Den Auftakt bildete der Vortrag von Herrn Bernd Stockmann, Senior Vice President Supply Chain Management and Program Purchasing der ZF Group in Friedrichshafen, in dem er COVID-19 als „Das ‚New Normal‘ für Einkauf und Supply Chain Management aus Sicht eines globalen Technologiekonzerns“ beschrieb.

Herr Stockmann gab vielfältige Einblicke in die Auswirkungen der Pandemie auf die komplexen, weltweiten Lieferströme der ZF Group und diskutierte mit der interessierten Zuhörerschaft auch erforderliche Gegen- und Vorsorgemaßnahmen.

Der – ganz unabhängig vom Pandemiegeschehen – hochaktuellen Debatte um das geplante Lieferkettengesetz war der Vortrag von Herrn Professor Dr. Constantin Blome von der University of Sussex gewidmet. Anhand praktischer Beispiele führte er sehr anschaulich durch das Thema „Wegweiser oder das Gegenteil von gut ist gut gemeint? — Das Lieferkettengesetz und Global Sourcing“.

Auf der Grundlage umfangreicher empirischer Befunde argumentierte Herr Professor Blome, welche durchaus zwiespältigen Effekte gesetzliche Regelungen zur Lieferkettentransparenz haben können und von welchen Rahmenbedingungen diese beeinflusst werden. Auch seinem Vortrag folgte eine angeregte Diskussion.

Ebenfalls aus einem breiten Portfolio praktischen Anschauungsmaterials konnte Herr Professor Dr.-Ing. Knut Alicke, Partner bei McKinsey & Company in Stuttgart, schöpfen und damit seinen Vortrag zum „Risikomanagement in globalen Wertschöpfungsketten“ fundieren. Seine zum Teil bereits zu Beginn des Jahres publizierten und damit aus heutiger Sicht nahezu prophetisch anmutenden Analysen ergänzte er um die Erfahrungen in und mit der COVID-Pandemie als neu hinzugekommenem Risikofaktor und gab einen Ausblick auf mögliche weitere Entwicklungen.

Herr Professor Alicke zeigte auf, dass Disruptionen zunehmend häufiger auftreten und je nach Branche unterschiedliche Auswirkungen haben. Er gab einen Überblick über die Erfordernisse und Möglichkeiten des Risikomanagements in globalen Supply Chains und stellte sich hierzu auch den Fragen und Anmerkungen der Teilnehmenden.

Dass der „neuen Normalität“ auch mit neuen gesetzlichen Normen begegnet werden muss, war der Ausgangspunkt des abschließenden Vortrags von Herrn Ansgar Heveling, der als Mitglied des Bundestages und Justiziar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion direkt an der Erarbeitung solcher Normen beteiligt ist. Sehr lebendig führte er unter dem Titel „Die ‚neue Normalität‘ als Normgeber — Politische Steuerungsmechanismen in einer pandemischen Situation“ den Teilnehmenden vor Augen, dass ein Großteil der Maßnahmen zur Eindämmung von Pandemien im Kern bereits seit dem Mittelalter bekannt und bewährt ist, es in einer modernen Gesellschaft aber vor allem einer anderen Legitimation solcher Eingriffe in die persönliche Freiheit bedarf als damals.

Sehr spannend schilderte er die Perspektive der Gesetzgebung auf die schwierigen Abwägungen, die im Zusammenhang hiermit vorzunehmen sind, und ging auf die Herausforderungen einer Koordination im bundesdeutschen, europäischen und weltweiten Kontext ein. Die Anwesenden nutzten die Gelegenheit, kompetente Anworten auf ihre Fragen zu erhalten.

Mit der 27. Mitgliederversammlung, die ebenfalls virtuell im Anschluss an die Jahrestagung stattfand, endete der Nachmittag. Allen Referenten, Laudatoren, Preisträgern, Kommissionsmitgliedern und Teilnehmenden, die durch ihre engagierte Beteiligung zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben, gilt unser herzlicher Dank, auch im Namen der Mitglieder. Der Vorstand wünscht allen Teilnehmenden eine gesundheitlich unbeschwerte, frohe und erholsame Weihnachtszeit und einen guten Ausklang des Jahres.